Anywaa, Migration. Julia kriegt von jemandem, der aus Nairobi gekommen ist, einen Brief von Uchang (im Absender schreibt er sich 'Ochan'). Er ist wieder in Nairobi und ist krank. Er klagt, dass Julia ihm keine Ratschläge mehr geben kann. Julia weint. Der Brief ist auf Amharisch.
Mittagessen in der Asni Art Gallery, die der Frau von Alula Pankhurst gehört. Das Haus, das offenbar früher Sitz von einem ras, also Sitz von einem Würdenträger mit einem der höchsten Titel im imperialen Äthiopien war, wurde von Alula und seiner Frau wieder hergerichtet. Hinter der französischen Botschaft, rechts ab hinter einer Tankstelle.
Alula will morgen seine Dissertation (Pankhurst 1989) mit zur Universität bringen, damit ich sie fotokopieren lassen kann. Der Kollege Jon Abbink bekräftigt, dass er im nächsten März am zweiten Workshop zu "Changing Identifications and Alliances in North-Eastern Africa" teilnehmen will. Er wird einen Vortrag zu Konflikten und Fragen des sozialen Verfalls an der südwestlichen Grenze Äthiopiens halten (siehe Abbink 2002).
Um 15 Uhr hält Jon im Seminar des Department of Sociology and Social Administration einen Vortrag mit dem Titel: "Reconstructing Haberland reconstructing the Wolaita".
The Wolaita are Omotic speakers similar to the Gamo to the south of them, but, unlike the Gamo, they are politically centralised. They have a divine king: Qao (the name seems to be a cognate of qawot in Arbore). In post-1991 politics, people want the Wolaita area to become a separate zone within the Southern Region.
Eike Haberland spent nine months in the area, doing fieldwork that was enormously intensive. Thousands of pages of notes in very difficult handwriting. He collected genealogies, described the elaborate hierarchical clan system, recorded clan origin myths, etc.
He did not collect case histories, e.g., of litigation, but described norms and rules on an abstract level, as explained by key informants. He aimed at describing Geschichte wie sie eigentlich gewesen ist. But he provided no description of acting and living subjects as they make their history. At the end of his life he was aware of the differences in the views of history held by members of different social strata, but the data he collected only reveal his own reconstruction as the master text.
Model of medieval Europe. Reichsordnung: |
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Ritterlich-feudale Welt mit Einflüssen vom Norden.
Haberland’s interests were state formation and ethnohistory. His descriptions are grounded in Ethiopian history. He was aware of hundreds of years of interaction with the Semitic Highlands and with Oromo kingdoms. At one stage Wolaita was dominated by Kaffa.
In the domain of religion, Haberland was only interested in the reconstruction of 'original' rituals. No religion in action, no religions in interaction. No mention of the Sudan Interior Mission (SIM), which has been active since the 1920s.
Kingdoms co-exist with clans. There was no dissolution of clans in the process of state formation, as many people have tended to think. Clan organisation is more stable than politics.
Akira Deguchi has contradicted/provided additional perspectives on Haberland’s views of the Dizi. In Living on the Edge (edited by Dena Freeman and Alula Pankhurst, 2001) one may find the following reference:
Deguchi, Akira. 1996. Rainbow-like Hierarchy: Dizi social organization. In: Shun Sato and Eisei Kurimoto (eds.). Essays in Northeast African Studies. Osaka: National Museum of Ethnology, Senri Ethnological Studies 43.
See also Chiatti, Remo. 1984. The Politics of Divine Kingship in Wolaita (Ethiopia), 19th and 20th centuries. Philadelphia: University of Pennsylvania: Department of Anthropology, PhD thesis.
Am Abend Markus im Coffee House Sidist Kilo getroffen, wo er mit drei Äthiopiern zusammen einen Auftritt als Jazz-Musiker (Keyboard) hatte. Markus ist seit zwei Jahren mit einer Lehrerin verheiratet, die jetzt hier an der deutschen Schule ist. Seit seinem Diplom in Bielefeld (1989) ist dies der zweite mehrjährige Äthiopien-Aufenthalt für ihn, zwischendurch war er als Consultant in aller Welt.
Er ist jetzt in einem Stadtentwicklungsprojekt tätig, das ursprünglich von der nationalen Regierung abgelehnt wurde, mit Argumenten wie, man wolle einem "urban bias" nicht entgegenkommen, die Land-Stadt-Wanderung nicht auch noch fördern. Danach hat es sich jedoch die Stadt zu Eigen gemacht und auch in beträchtlichem Umfang finanziert. Er hat sich von der GTZ (Labahn) für dieses Projekt abstellen lassen.
Er ist von seinen äthiopischen Counterparts sehr angetan. Es handele sich um die besten Leute, und die Stadt habe sich das auch etwas kosten lassen. Sie verdienten bis 4000 und 5000 Birr, während Ministergehälter zwischen 2000 und 3000 Birr liegen.
Markus’ Assistentin, Sandra (in deren Haus Christiane zurzeit wohnt), die mit einer ganzen Gruppe später hinzukommt, erklärt, ein Schwerpunkt liege auf der Entwicklung des Merkato (Marktviertels). Da es sich um eine Spitzenlage handele, sei die nur ebenerdige Bauweise dort Platzverschwendung. Für großangelegte Entwicklungsmaßnahmen fehlen die Investoren, außerdem wolle man nicht zu radikale Umstrukturierungen. Die jetzt dort ansässigen Händler hätten oft beträchtliches Vermögen angehäuft, und man wolle ihnen jetzt zwei- bis dreigeschossigen Ausbau ermöglichen.
Eine sechsköpfige Gruppe von Architekten und Stadtplanern vom Bauhaus in Dresden ist vier Monate hier gewesen. Markus sagt, die entscheidende Gruppengrenze in dem Projekt sei nicht etwa die zwischen Äthiopiern und Deutschen und auch nicht die zwischen fest angestellten und free lance-Mitarbeitern, sondern jene zwischen Architekten und Stadtplanern.
Andere Leute sind anderer Ansicht. Die Grenzen zwischen eingeflogenen Kurzzeit-Experten und lokalen Arbeitskräften seien atmosphärisch ganz deutlich.
Markus ist Anfang der 1990er Jahre auch einmal in der Nahrungsmittelhilfe tätig gewesen und kennt Gambella. Nach dem Abzug der SPLA aus der Region, als die Flüchtlingslager plötzlich leer waren, ist ihm dort ein Brief zu Gesicht gekommen, in dem ein SPLA-Commander dem UNHCR darlegt, unter welchen Bedingungen die SPLA bereit sei, wiederzukommen. Die UNHCR-Mitarbeiter hatten natürlich ein Interesse am Fortbestehen der Flüchtlingslager.
Es gibt hier auch ein Projekt zur Kontrolle von Handfeuerwaffen ("small arms"). Ein deutscher Mitarbeiter daran sitzt mir gegenüber, und ich bringe ihn mit Christiane ins Gespräch. Es gibt einen Äthiopier namens Seyoum, der dazu einen Bericht geschrieben hat.