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Max Planck Institute for Social Anthropology

Günther Schlee 2008

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Am Mittwoch ging es dann zurück nach Debre Zeyt. Dabei haben wir einen Schlenker durch Arsi gemacht. Nördlich von Zway (Ziway auf Karte 3) quer durch das Grabenbruch-Tal, dann auf der anderen Seite auf ca. 2300 Meter Höhe zunächst in die Gegenrichtung, nach Asala (Asela auf den beigefügten Karten), zum Essen, dann über Nazareth nach Debre Zeyt. Das Ganze mit GPS aufgenommen. Die im Folgenden angegebenen Koordinaten sind mit Vorsicht zu genießen. Unter 'optimalen' Messbedingungen können Abweichungen vom tatsächlichen Standort bis zu 100 Meter betragen. Im gebirgigen Gelände oder beim Einsatz von weniger als 4 Satelliten können Abweichungen von einigen Kilometern entstehen. Bei Abweichungen der Messungen von der Kartengrundlage ist auch zu berücksichtigen, dass die Karten Unterschiede in der Genauigkeit und Aktualität aufweisen können.

 

Karte 3: Westlich und südlich von Addis Abeba (Wegpunkte 001 - 006, 012 - 024)

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Lat. 7° 42′ 18.26″ N / Long. 38° 39′ 18.41″ E

An der Hauptstraße Langano-Ziway. Arsi-Gräber fotografiert. Zementblöcke mit aufrechtem Aufsatz, alle Seiten bemalt. Es handelt sich nach den herbeieilenden jungen Männern, die aus der Verwandtschaft der Toten stammen, um zwei Brüder. Beide seien Älteste und wohlhabend gewesen, sogar der Terminus hayyu fällt, der anderswo einen Richter bzw. einen Klanvertreter im Gada-System bezeichnet. Beide sind zu Pferde dargestellt. Die Inschriften sind teils in Fidel und amharischer Sprache, teils in lateinischer Schrift (qube afaan Oromo) und auf Oromo. Die Namen der Pferde sind in den Inschriften nicht enthalten, werden aber erinnert. Das Schwarze ist nach seinem weißen Stirnfleck benannt (Terminus vergessen), das Braune heißt oder hieß Harro. Offenbar haben auch Arsi die Sitte, in Preisliedern Helden nach ihren Pferden zu benennen (also z. B. Abba Harro). Diese Information kommt allerdings nicht spontan, sondern wird mir nur auf Nachfrage bestätigt.

Beide Verstorbenen tragen nicht-islamische Namen. Die Gräber sind neu. (In einem Aufsatz über den in der deutschen Ethnologie viel diskutierten Verdienst-Komplex schreibt Ulrich Braukämper [2001: 230]: "Seit den sechziger Jahren hat sich bei den Arsi eine Grabarchitektur herausgebildet, die teilweise islamisch geprägt ist, jedoch entgegen dem islamischen Verbot figürliche Malereien und Skulpturen, z. B. berittene Krieger oder Rinder, verwendet und  mit diesen auch noch Relikte eines einstigen Verdienst-Komplexes zu erkennen gibt". Dabei muss er diese Art von Gräbern im Blick gehabt haben.)

Folgende Fotos gemacht:

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Lat. 8° 9′ 16.39″ N / Long. 38° 55′ 11.09″ E

Drei auf allen Seiten bemalte Gräber fotografiert, darunter eines von einer Frau. Alltagsszene: Die Frau melkt.

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Lat. 8° 8′ 15.73″ N / Long. 38° 56′ 43.91″ E

Sehr hohe Häuser mit relativ steilen Dächern und quadratischem Grundriss fotografiert.

Lat. 8° 4′ 28.65″ N / Long. 38° 58′ 43.24″ E

Friedhof mit islamischen Halbmonden auf den Gräbern.
Kurz dahinter: Rinderherden; Blick auf das Hochland von Arsi.

Lat. 7° 58′ 48.57″ N / Long. 39° 2′ 56.96″ E

Stausee mit weidendem Vieh. Außerdem fotografiert: zwei Männer, der Eine mit einem "Nike"-Emblem auf der Baseball-Mütze, der Andere mit dem Schriftzug "Adidas" auf der seinen.

Arsi-Männer

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Lat. 8° 1′ 55.83″ N / Long. 39° 5′ 53.17″ E

Weizenernte auf den Feldern. Kavaliersperspektive von einer Anhöhe.

Weizenernte auf den Feldern

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Lat. 8° 4′ 25.34″ N / Long. 39° 8′ 28.36″ E

Friedhof mit Blick auf den Grabenbruch

 

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Lat. 8° 3′ 33.92″ N / Long. 39° 8′ 33.99″ E

Hoch aufragende undekorierte Grabsteine neben kleineren. Ich erhalte von den Schnittern auf dem benachbarten Feld die Auskunft, es handele sich um Arsi-Gräber, aber sehr alte, und man kenne die Namen der Verstorbenen nicht. Getinet, der sich etwas abseits mit anderen Bauern unterhält, erfährt einige Namen. Die Verstorbenen sollen aber über drei Generationen zurückliegen. Die Grabsteine dürften also um 1900 oder etwas früher errichtet worden sein.

Die Schnitter auch fotografiert.

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Lat. 8° 23′ 21.47″ N / Long. 39° 19′ 47.41″ E

Viehtränke an einem Fluss bei einer Brücke (Schwarzweiß-Foto).

Später fotografierte Arsi-Gräber finden sich bei den Aufzeichnungen zum 19. April 2002.

Beim Gespräch über die Ernteszenen ringsum ergibt sich, dass Christiane nicht weiß, was eine Garbe ist. Auch die Begriffe 'worfeln' bzw. "winnowing" habe ich ihr erst jüngst beigebracht. Mähdreschergeneration.

Bei den jüngeren Ethnologen wird weniger die mangelnde Kenntnis afrikanischer Sprachen ein Problem sein als die Terminologie für ältere Techniken im Deutschen und im Englischen. Auch die Bibel dürften solche Leute kaum noch verstehen, wo in Josephs Traum sich die Garben seiner Brüder vor der seinen verneigen.