Stable URL(for citation): http://www.eth.mpg.de/subsites/schlee_tagebuch/trip_02/f2/2001_11_4_sun.html

>Max Planck Institute for Social Anthropology
Max Planck Institute for Social Anthropology

Günther Schlee 2008

Impressum
Datenschutzhinweis

Aufbruch Richtung Neqemte (Nek’emte auf den beigefügten Karten) und Bedele. Wenig westlich von Ambo/Agere Hiywet den Wasserfall des Gudere gefilmt (waypoint 002), der in den Blauen Nil mündet. Am gegenüberliegenden Hang ist eine kleine Restauration als Aussichtspunkt. Landschaftsaufnahmen gemacht und Verkehrsszenen mit Fußgängern und Reitern aus dem fahrenden Auto gefilmt. Orte mit GPS markiert.

 

Karte 4: Von Ambo / Agere Hiywet zur Grenze zum Sudan

 

 

Karte 5: Von Ambo / Agere Hiywet bis Metu über Bedele (Oromia Regional State; Wegpunkte 001 - 011, 012 (001) - 017 (001))

Move mouse over the waypoints to see GPS coordinates.

Lat. 9° 2′ 35.81″ N / Long. 36° 42′ 16.34″ E

Felsenlandschaft mit Gehöft im Vordergrund fotografiert.

Lat. 8° 41′ 28.88″ N / Long. 36° 24′ 48.13″ E

Brücke in 1315 m Höhe

Das Hochland von Wollega und das von Illubabor sind durch ein Tiefland getrennt, das vom Fluss Didessa durchzogen wird. An der Brücke, die wohl den tiefsten Punkt unseres Weges von Nek’emte nach Bedele markiert, zeigt der Höhenmesser 1315 Meter. Hier haben sich, so erzählt Getinet, bestätigt von den Soldaten, die die Brücke bewachen, 30 Leute aus Gojjam angesiedelt. Gemeint sind wahrscheinlich Männer; wenn man die Familien mitzählt, handelt es sich wohl um wesentlich mehr Personen. Sie sind hier seit vier Jahren. Getinet hat einmal Holzkohle von einem von ihnen gekauft. Jetzt sollen sie wieder fort. Spontane Umsiedler passen offenbar nicht in das Umsiedlungsprogramm der Regierung, die die Umsiedlungspolitik wieder aufnehmen will. Umsiedlungen sollen zwar in kleinerem Umfang erfolgen als die z. T. desaströsen Maßnahmen der Mengistu-Zeit, auf freiwilliger Basis und mit Zustimmung der Bevölkerung der Zielgebiete, aber immerhin über die Grenzen der Regionalstaaten hinweg und damit in Durchbrechung des eigenen Regierungskonzeptes der ethnischen Territorialität.

Am Abend in Bedele das Elternhaus von Getinet besucht, in dem er mit seinen 11 Geschwistern aufgewachsen ist. Irdener Fußboden, offener Dachraum, da keine Zimmerdecken vorhanden. Eine Glühbirne oben am Firstbalken kann so mehrere Zimmer erleuchten. Eine weitere Glühbirne ist in dem Nebenraum, vom Eingangsbereich aus gesehen, in dem der kranke Stiefvater schläft. Wir nehmen in dem Raum Platz, in den man durch die Haustür gelangt. Die anderen sehen wir nicht. Dieser Raum ist mit Zeitungen tapeziert, die in Getinet Jugenderinnerungen wecken. Er habe sie alle von vorne bis hinten mehrfach gelesen. Die Zeitungen, in englischer Sprache, waren hier von tschechischen Entwicklungshelfern zurückgelassen worden. Er hat eines dieser Zimmer, oder besser gesagt, dieser oben offenen Abtrennungen, mit mehreren Geschwistern bewohnt. Eine weitere Geschwistergruppe schlief bei der Mutter. Hausaufgaben wurden in der "study group" gemacht. Mal kamen mehrere  Mitschüler hierher, mal ging es zu einem von ihnen. In den anderen Elternhäusern gab es oft keine Glühbirnen, sondern die aus Blechdosen gefertigten Öllampen. Getinet beschreibt, wie man sich am folgenden Morgen den Ruß aus der Nase entfernt hat.